2018: Brauchen wir noch einen CSD?

12.
Juni
2018

Wir in Deutschland haben es richtig gut als Homosexuelle. Wir können uns outen ohne Gefahr zu laufen, gesteinigt oder sonst irgendwie umgebracht zu werden. Verfolgt werden wir auch nicht mehr. Es gibt Bars, Theken und Kneipen für uns und eigentlich können wir sowieso fast überall so sein, wie wir wollen. Wir dürfen heiraten und über viele Umwege auch Kinder adoptieren. Uns geht’s doch eigentlich gut.

Der Christopher Street Day (CSD) ist deswegen überflüssig geworden. Wir sollten lieber eine große Party schmeißen und es uns gut gehen lassen. Diese Aussage höre ich immer wieder, wenn es um die Vorbereitungen eines CSD geht. Und Ja, uns geht es in Deutschland nicht schlecht; das stimmt schon. Trotzdem: Ist das, was wir haben auch das, was wir wollen? Reicht uns die Rechtslage?

Wir werden in den großen Teilen der Gesellschaft nur toleriert und nicht akzeptiert. Ein einfaches Adoptionsrecht bleibt uns verwehrt. In Städten können wir uns meistens ohne abschätzige Blicke bewegen, auf dem Dorf sieht das zuweilen ganz anderes aus. Das Getratsche ist auf dem Land sehr häufig ein willkommener Gast in Kneipen. Immer wieder gibt es Meldungen, über verprügelte „Homos“ oder Akte des Vandalismus, gegen Einrichtungen von Homosexuellen.

Dass es neben Homosexuellen auch noch viele andere Sexualitäten und Geschlechter gibt, wird immer wieder nicht erwähnt. Doch gerade innerhalb der Szene wissen wir, dass es nicht reicht nur schwarz und weiß zu sehen.

Rechte Parteien wollen uns in den schon eingeschränkten Rechten weiter und wieder beschneiden. Und unsere beispielhafte, positive Darstellung im Ausland gerät immer mehr in Vergessenheit: Längst sind Schweden, Spanien und Frankreich an uns und unsere „Homopolitik“ vorbeigezogen. Glaubensgemeinschaften prangern uns immer noch wie im Mittelalter als Sinnbild der Wollust und Verdorbenheit an. Immer wieder wird Homosexualität als Trend gesehen oder als Zugehörigkeitsbild. Als ob Mann oder Frau eine Wahl hätten.

Warum wir es in Deutschland so gut haben fragt keiner. Einer der Gründe hierfür ist, dass wir uns nicht mehr verstecken. Wir gehen auf die Straße und fordern unsere Rechte ein. Rechte die jedem Menschen zustehen und die uns verwehrt oder nur teilweise gewährt werden.

Hierzu setzten wir mit den CSDs ein Statement. Der CSD dient als Ventil, als Stimme und als Sinnbild für das, was wir sind und was wir nicht mehr sein wollen: Wir wollen leben wie wir sind. Wir wollen ein Leben das erfüllt ist. Wir wollen uns nicht mehr verstecken, gejagt und eingeschüchtert werden. Wenn es keinen CSD mehr gibt, dann sind wir verstummt und keiner wird uns hören. Deswegen unterstütze auch du uns, denn jede Stimme zählt.

Ja, wir brauchen noch CSDs

Einen Menschen kann man überhören aber viele nicht. Sei ein Teil dieser Stimmen.